Donnerstag, 20. August 2015

Selbstbestimmt bis ins hohe Alter


Baba Dunjas letzte Liebe
Alina Bronsky, 

ISBN 978-3-462-04802-5, 
Kiepenheuer & Witsch, 2015
Baba Dunja hat bis zum Reaktorunglück in Tschernobyl in ihrem Heimatdorf Tschernowo gelebt. Nach einigen Jahren aufgezwungenen Fernbleibens, kehrt sie nach ihrer Pensionierung zurück in ihr Haus. Sie will ihr Alter selbstbestimmt und in Ruhe begehen. Mit der Zeit tun es ihr andere, ebenfalls ältere Menschen nach. Während alle Angst vor der Strahlung und der Radioaktivität haben, entsteht ein Dorf der Gleichgesinnten, die für einander da sind, für einander sorgen. Wasser gibt es in diesem Niemandsland nur aus dem Brunnen, Elektrizität nur an guten Tagen und Gemüse aus dem eigenen Garten. Das, was man nicht selber anbauen kann, muss beschwerlich in der nächsten Stadt eingekauft werden. 

Im Buch wird beschrieben, wie diese Alten ihr Leben verbringen, was sie beschäftigt. Baba Dunja schreibt Briefe an ihre in Deutschland lebende Tochter, die sie wegen der Strahlung nie besuchen kommt. Der fast hundertjährige Sidorow bandelt mit der Melkerin Marja an, der sterbenskranke Petrov liest in der Hängematte liegend Liebesgedichte. Die Geschichte von Baba Dunja wird mit Ironie, viel Herz und berührenden, warmen Worten beschrieben. Baba Dunja, die es in Russland und auch ausserhalb davon zu einiger Bekanntheit gebracht hat und als die „Dorf-Bürgermeisterin“ betrachtet wird. Wie verantwortlich für das Wohl aller sie sich selber fühlt, zeigt sich, als ein Fremder ins Dorf kommt und das ganze Gefüge in Schieflage bringt.

Ein wunderbares Buch über eine eindrückliche, mutige Frau, die Vorbild sind kann!

Findet könnt ihr dieses Buch natürlich in der Buchhandlung Wortreich und mich ebenfalls ;-)

Bis zum nächsten Mal

Brigitte Lusti

Montag, 17. August 2015

Ist das auch 3D-Kino?

Bild: Gabriele Pellicciotta
Beim üblichen 3D-Kino handelt es sich um „ein Film, der dem Zuschauer durch stereoskopische Verfahren ein bewegtes Bild mit einem Tiefeneindruck für stereoskopisches Sehen vermittelt“ (Wikipedia). Wenn statt der dritten Dimension der Tiefe der Geschmacksinn eingefügt wird, kann man auch von einem 3D-Kino oder nur von 2D+ sprechen? Auf jeden Fall beschreibt der aktuelle Blogeintrag ein Konflikt-Thema des Films „CHEF“, der in unserer Kulturbuchhandlung vor einem begeisterten Publikum projiziert wurde. Ein Film von Jon Favreau, der Regisseur, Drehbuchautor, Hauptdarsteller und Produzent des Films ist.

Der „Lava-Kuchen“, ein Schokoladetörtchen mit einem flüssigen Kern. Jemand wird sagen, typisch amerikanisch, einfach, aber mit grossem Effekt – weil es für die Zubereitung keine grosse Kocherfahrung braucht und die flüssige Schokolade beim Reinstechen herausquillt – eine Mega-Show. Aber im Film haben einige eine andere Meinung. Der Gastrokritiker Ramsey Michel (Oliver Platt) unterstellt dem Chefkoch Carl Casper (JonFavreau) einen ängstlichen Charakter, weil er  mangelnden Mut gezeigt habe bei der Backzeit des Kuchens. Eine Backzeit, die länger oder kürzer  den flüssigen Kern des Endresultats beeinflusst.

Wir haben es ebenfalls gebacken und in der Kino-Pause den neugierigen Zuschauern zum Essen angeboten. Sie konnten sich selber ein Bild machen über einen der Zankapfel des Films. Es wurden auch „Cubanos“ aufgetischt (populäre Sandwichvariante der Exilkubaner in Florida). Die Cubanos  ermöglichten es Chefkoch Carl Casper, seine Freiheit zurückzuerobern und sich zu bestätigen als kreativer und erfolgreicher Gastronom.

Ob 3D oder 2D+, es war wieder einmal ein viel-sinniger Erlebnisabend im Wortreich!

Bis nächstens im Wortreich
Gabriele Pellicciotta

Am Schluss noch das Rezept des Lava-Kuchens aus dem Blog „Rocco e isuoi… Fornelli“ (übersetzt und nachgebacken von Christa Pellicciotta Buchhandlung Worteich“):


Ciocco-Morbido:
Für 8 Törtchen
- 200 g Schwarze Schokolade (z.B. Crémant)
- 200 g Butter
- 160 g Zucker
- 4 Eier
- 40 g Mehl
- 1 Pck. Vanillezucker
Förmchen einbuttern und bemehlen und sie in den Gefrierschrank stellen. Die Schokolade schmelzen (im Wasserbad), Butter und Zucker ebenfalls beigeben und schmelzen lassen, dabei immer gut rühren. Leicht abkühlen lassen und dann die aufgeschlagenen Eier untermischen, eins nach dem andern. Zuletzt das gesiebte Mehl untermischen. Die Mischung in die Förmchen verteilen und sie in den Gefrierschrank stellen für mindestens 4 Stunden.
Den Ofen vorheizen auf 220° und dann die gefrorenen Förmchen backen während 10 Minuten. Wenn die Förmchen schon am Vortag gefroren wurden, backt man sie während 15 Minuten.
Das Backen macht eine äussere Kruste, das Innere bleibt dabei weich und cremig. Noch heiss servieren, mit etwas Puderzucker bestäubt und wenn gewünscht etwas frischen farbigen Früchten. 

Dienstag, 11. August 2015

"Nachts in Vals" - ein kurzweiliges raffiniertes Panorama

Nachts in Vals
Nachts in Vals; Tim Krohn, Galiani 2015,
ISBN 978-3-86971-116-4, CHF 21.90
- Erscheint am 17.8.2015 -
Wie herrlich leicht liest sich "Nachts in Vals"! Es sind dies einige Kurzgeschichten von Tim Krohn, die im handlichen Büchlein nächstens erscheinen werden!

In letzter Zeit habe ich immer mittags eine Pause im Wortreich eingelegt, ein bisschen den Sommer genossen und auf dem Badetuch liegend das Buch in die Hand genommen. Ein Sternenhimmel begrüsst den Leser auf dem Cover - was ja bei grosser Hitze leicht kühlend wirken kann ;-)

Es sind Geschichten, die so leicht dahinfliessen wie das Thermalwasser in Vals und Tiefgang haben wie die klaren Sternennächte in der Winterskälte! Es sind allesamt Geschichten von Gästen des Thermalhotels in Vals, die unabhängig voneinander dort logieren und uns ihre ganz eigenen speziellen Lebenssituationen nahe bringen.

Ich war noch nie in Vals gewesen, habe aber jetzt ein schönes Bild vor Augen, wie es dort sein könnte und was ich nachts anstellen könnte  - denn im Buch spielt das Nachtbaden oder der Nachtspaziergang an den Hängen hinter dem Hotel eine immer wiederkehrende Rolle.

Es kommen sowohl Liebesgeschichten, glückliche wie unglückliche, Einsamkeitsgeschichten, tragische und hintersinnige Geschichten vor.

Ich kann dieses Buch nur empfehlen: Stimmungsvoll liest sich das Buch, vielseitig sind die Menschen und deren Geschichten, die drin vorkommen und der Autor erzählt sie uns mit Raffinesse und Sorgfalt!

Bis nächstens im Wortreich
Christa Pellicciotta



Samstag, 1. August 2015

Ein Grund, sein bisheriges Leben komplett aufzugeben


Der Grund

Anne von Canal mareverlag 
CHF 28,90 ISBN 978-3-86648-196-1
Laurits Simonson verdient seinen Lebensunterhalt als Barpianist auf Kreuzfahrtschiffen. In den letzten Jahren lebte er zwischen seinen Arbeitseinsätzen in Venedig bei Rosa. Nun ist sie schwanger und Laurits, der weder eine feste Beziehung und noch weniger ein Kind möchte, ist froh, von ihr wegzukommen. Er hat nicht vor, zu ihr zurückzukehren.

Die Geschichte wechselt nun von seinen Erlebnissen auf dem Schiff zu Rückblenden auf sein vergangenes Leben. Diese beginnen als er fünf Jahre alt ist. Seine Mutter und sein Vater werden beschrieben, seine schwierige, eher distanzierte Beziehung zu ihnen und sein lange gehegter Lebenstraum Pianist zu werden. Obwohl er hart dafür arbeitete, zerbricht dieser, als er mit zwanzig Jahren die Aufnahmeprüfung für das Konservatorium nicht besteht und von seinem Vater gezwungen wird, Arzt zu werden. So wie dieser selber.

Wider Erwarten führt er trotzdem ein gutes Leben. Er wird erfolgreicher Arzt, heiratet seine grosse Liebe, hat mit ihr eine Tochter. Seine Leidenschaft zur Musik verdrängt er vollständig.

Warum er schliesslich zum Barpianisten wird, was mit seiner Familie passiert ist, warum er keine neue Familie, nicht einmal eine neue Beziehung haben möchte, wird aufgrund seiner Erzählungen immer klarer und am Schluss sehr gut verständlich.

Genau dieses Herantasten an den Grund seiner jetzigen Lebensführung hat mich fasziniert.
Der deutschen Autorin Anne von Canal gelingt es, mit ihrer Geschichte eine Art Sog entstehen zu lassen. Ich wollte unbedingt wissen, was diesen Menschen so verändert und vor allem, warum er seine Familie, die er so sehr geliebt hat, verlassen hat und aus seinem Leben komplett ausgestiegen ist.
Brigitte Lusti
Viel Vergnügen und bis zum nächsten Mal!
Brigitte Lusti
PS
Natürlich erhältlich in der Buchhandlung Wortreich in Glarus